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Ein Tumor ist eine örtlich umschriebene Zunahme des Gewebevolumens, im engeren
Sinn eine gewebliche Neubildung, ein Geschwür in Form eines enthemmten und
irreversiblen Überschusswachstums von körpereigenem Gewebe [33].
,,In Europa sind 3-5% [...] aller malignen Tumoren des Menschen Tumoren der Mundhöhle,
davon stellen die Plattenepithelkarzinome mit 95% den größten Anteil.” [28].
Nur 25-40% der Patienten mit Lymphknotenmetastasierung erreichen die 5-Jahres-Überlebensrate im Gegensatz zu ca. 90% der Patienten ohne Metastatisierung [29].
Oft werden diese Tumore spät erkannt und müssen deshalb durch eine Operation
entfernt werden. Das Plattenepithelkarzinom kann den Kiefer infiltrieren, die notwendige
Resektion des Tumors kann zu einer Verschlechterung der Ästhetik, zum Verlust der Kaufunktionalität und der Sprechfunktionalität führen.
Im Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) werden verschiedene Verfahren zur
Rekonstruktion angewandt, wie die Rekonstruktion mithilfe der körpereigenen Fibula(dt.Wadenbein), deren Schaft dafür entnommen wird. Aus diesem Schaft werden Segmente gesägt, mit welchen dann der ursprüngliche Verlauf der Mandibula
(dt. Unterkiefer), in dem resezierten Bereich, rekonstruiert wird. Die Rekonstruktion
erfolgt mit einer speziellen Platte auf welcher die Fibulasegmente befestigt werden. Diese Platte wird anschließend am Restunterkiefer fixiert.
Die Schwierigkeit besteht in der Nachbildung des Unterkieferverlaufs und der Erhaltung
des Kiefergelenks. Bei dieser Operation muss die Ischämiezeit, die Zeit, welche ein Organ ohne Blutversorgung schadlos überstehen kann, berücksichtigt
werden. Ohne eine genaue Schnittführung ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass
die gesägten Segmente nachbearbeitet werden müssen, was wiederum ein zeitliches
Problem ist.
Deshalb wird Rekonstruktion mit Cutting-Guides (dt. Sägeschnittschablone) unterstützt. Diese Guides werden nach der Planung der Operation angefertigt. Sie
werden in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) des UKHD von einem
Zahntechniker hergestellt. Alternativ gibt es industrielle Dienstleister, die diese Guides herstellen können. Diese sind jedoch wesentlich teurer als die in der MKG etablierte Lösung.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Entwicklung eines Verfahrens für das Erzeugen
von möglichst realitätsnahen Telepräsenzsimulationen für die Information von Patienten
in der Strahlentherapie sowie die Anwendung des Verfahrens in der Entwicklung
einer VR-Applikation auf Basis eines Demonstrators.
Nach einer Literaturrecherche bezüglich des aktuellen Stands der Aufklärung von Patienten
wurden die Grundlagen von Virtual und Augmented Reality hinsichtlich der
gegebenen Hardware ermittelt. Hierauf folgte die Auswahl von Software für das Scannen
von realen Objekten mit dem gegebenen Tablet in einem Bestrahlungsraum des
DKFZ sowie die Auswahl einer Game Engine für die Entwicklung des Demonstrators.
Daraufhin wurde ein Rekonstruktionsalgorithmus ausgewählt. Anschließend wurden
verschiedene Objekte im Bestrahlungsraum gescannt, sodass die Parameter des Algorithmus
iterativ hinsichtlich der Qualität der erzeugten Objekte für den Einsatz in
einer VR-Anwendung optimiert werden konnten. Daraufhin erfolgte eine Texturierung
der Oberfläche mit Kamerafotos. Nach einer Aufbereitung der Modelle wurden diese
in ein Virtual Environment importiert. Parallel dazu wurde nach der Auswahl der Unreal
Engine als Game Engine, der Demonstrator entwickelt, in welchen die gescannten
Modelle integriert wurden.
Das Verfahren liefert ausreichend genaue Ergebnisse, um Konzepte in der Strahlentherapieaufklärung
vermitteln zu können. Der Effekt und die Akzeptanz der Technik
spielen eine weitere wichtige Rolle für den Einsatz der Methodik und müssen durch eine
Evaluation im klinischen Alltag validiert werden, wofür die Entwicklung einer klinisch
anwendbaren Software auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse notwendig wird.
Virtuelle und reale Objekte als natürliche Bewegungsgrenzen in der Virtual Reality Exposure Therapy
(2019)
Zur Behandlung von Angststörungen – welche mit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland gehören – bietet die klassische Expositionstherapie gute Erfolgsaussichten [1]. In den letzten Jahren entwickelte sich die Virtual Reality Exposure Therapy (VRET), welche eine interessante Alternative darstellt. Eine Studie zeigte 2013 die Effektivität einer VRET [2]. Problematisch ist allerdings die Lokomotion in psychotherapeutischen Praxen mit geringem Raumangebot. Gängige Sicherheitssysteme zur Kollisionsvermeidung wie Lighthouse‘s Chaperone [3] [4] oder Occulus Guardian [5] zeigen bei Annäherung an die Grenzen des sicheren Bereiches eine auffällige optische Warnung an. Dies kann jedoch bei den Benutzern zu unerwünschten Präsenzeinbrüchen (breaks in presence) führen.
Simeone et al. [6] konnten nachweisen, dass in einer virtuellen Umgebung rein virtuelle Gegenstände oder Wände von den Benutzern als real wahrgenommen und umgangen werden. Dieser Effekt liess sich durch zusätzliche reale Gegenstände im Raum noch verstärken.
In dieser Masterarbeit wurde untersucht, ob sich die Ergebnisse von Simeone et al. [6] auch auf die Anwendung der VRET übertragen lassen.
Dazu wurde eine Studie mit 2 Gruppen zu je 12 Probanden durchgeführt. Alle hielten 2 Vorträge in einer virtuellen Umgebung, je einen Vortrag mit Avatar und einen ohne. Während eine Gruppe sich in einer virtuellen Umgebung mit ausschliesslich virtuellen Objekten bewegte, waren in der anderen Gruppe zusätzlich reale Gegenstände vorhanden.
In der vorliegenden Masterarbeit konnte gezeigt werden, dass die Ergebnisse von Simeone et al. [6] auch für VRET Anwendungen gültig sind. Virtuelle Objekte werden auch von Patienten eines VRET Systems als Begrenzungen akzeptiert. Zudem lassen sich physische Objekte in die virtuelle Umgebung integrieren, ohne dass es zu Kollisionen mit den Benutzern kommt oder die Benutzer eine erhöhte Angst vor Kollisionen haben. Obwohl das Vorhandensein eines Avatars in der durchgeführten Studie keinen Einfluss auf die Ergebnisse hatte, wünschen sich die Benutzer einen Avatar in der VR.
Der sichere Aufenthaltsbereich kann also bereits in der virtuellen Umgebung durch virtuelle Objekte abgegrenzt werden, wodurch - zugunsten der Vermeidung von Präsenzeinbrüchen - auf ein System wie Lighthouse`s Chaperone [3] [4] verzichtet werden kann. Ausserdem müssen reale Gegenstände nicht aus dem Bewegungsbereich der Benutzer ausgeschlossen werden, sondern lassen sich in die virtuelle Umgebung integrieren. Dies stellt eine praktikable Möglichkeit dar, den für VRET nutzbaren Raum in psychotherapeutischen Einrichtungen zu optimieren. Somit stellt die VRET eine echte Alternative zur klassischen Expositionstherapie dar.